Schon seit den frühen 1980 Jahren träume ich vom Aufbau einer möglichst lückenlosen fotografischen Dokumentation der Sonnenphotosphäre im weissen Licht. Die erhaltenen Bilddokumente sollten hierbei als Messplattformen zur routinemässigen Bestimmung heliografischer Positionen und Flächen von Sonnenfleckengruppen dienen. Dies erwies sich mit dem damaligen Stand der Technik als undurchführbar: zu gross waren der zeitliche und apparative Aufwand in der Dunkelkammertechnik und der Bildauswertung, zu instabil die Bildqualität und die Fokussierung. In den 1990 Jahren wurde überdies die Produktion der bewährten Filmmaterialien und Entwicklerchemikalien eingestellt. Die nachdrängenden CCD Kameras waren jedoch zu klein, zu teuer und erforderten einen riesigen Mehraufwand sowohl in der mechanischen Ausstattung der Beobachtungsinstrumente wie in der für die Steuerung und Auswertung der neuen Detektoren benötigten Hard- und Software. Und so begrub ich meine Träume - vorerst.

 

Im Sommer 2003 brachte Canon die 300D auf den Markt, die erste einer ganzen Reihe von sog. Digital Single Lens Reflex (DSLR) Kameras, welche die einfache Bedienung einer herkömmlichen Spiegelreflexkamera mit der Leistungsfähigkeit einer CCD Kamera vereinigte und die Sonnenfotografie revolutionierte: die Kamera konnte mittels herkömmlichen T-Adaptern an das bisher zur Fotografie verwendete Instrumentarium angeschlossen, das Objekt über einen Sucher ausgerichtet und fokussiert werden, der über einen optional erhältlichen elektronischen Drahtauslöser wackelfrei bedienbare Kameraverschluss erlaubte Belichtungszeiten bis 1/4000 sec sowie Reihenaufnahmen von mehreren Bildern pro Sekunde und die geschossenen Bilder konnten auf einer entnehmbaren Karte gespeichert und in einem bald von zahlreichen Bildbearbeitungsprogrammen, insbesondere von MaxIm DL und Images Plus unterstützten Rohformat eingelesen und in das gängige FITS Format konvertiert werden. Zudem war der CMOS Chip mit einem inzwischen zum APS-C Standard gewordenen Format von 22 x 15 mm mit 3072 x 2048 Pixel vergleichsweise riesig und erlaubte erstmals eine mosaikfreie Digitalaufnahme der ganzen Sonnenscheibe mit einem Abbildungsmassstab von 1 Bogensekunde pro Pixel. Anlässlich des Venusdurchgangs vom 8. Juni 2004 setzte ich eine dieser neuartigen Canon DSLR Kameras zur kontinuierlichen Dokumentation dieses Jahrhundertereignisses ein: mit durchschlagendem Erfolg! Und da erwachten meine alten Träume wieder zu neuem Leben.

 

Im Spätsommer 2004 machte mich Kurt Niklaus darauf aufmerksam, dass in der Nähe der Privatsternwarte Uecht in Niedermuhlern ein von der Universität Bern errichteter aber seit Jahren ungenutzter Sonnenturm gemietet werden könne. Nach einem Lokaltermin beschlossen wir, den Turm für die digitale Sonnenüberwachung nutzbar zu machen. Von Anfang an war mir klar, dass ein derartiges Vorhaben nur dann erfolgreich sein würde, wenn es gelänge, mittels Automation eine möglichst lückenlose tägliche Serie von digitalen Bilddokumenten zu akquirieren. Dies schien mir damals mit Amateurmitteln gerade eben realisierbar zu sein. Und tatsächlich erlebte das Robotic Solar Observation Telescope (roboSOT) im Herbst 2005 sein "first light". Allerdings traten schon früh hartnäckige Probleme mit der Integration der Digitalkamera und der Abbildungsqualität auf. Als ich 2008 das Überwachungsprogramm um Kalziumbeobachtungen ergänzte, erwies sich zudem die Montierung als zu schwach, um das Instrumentarium sicher auf die Sonne ausrichten und nachführen zu können.  Diese Designschwächen konnten erst behoben werden, als im Sommer 2010 Patrick Enderli zum Team stiess und neben seiner schweren Präzisionsmontierung, seinen beiden hochwertigen Nachtinstrumenten und seinem mechanischen Know-how auch seinen Enthusiasmus für die H-alpha Beobachtung mitbrachte, weshalb das Überwachungsprogramm nach einem "second light" von roboSOT im Herbst 2010 ein weiteres Mal erweitert wurde.